Dass Deutschrap in den meisten Fällen nur ein Abklatsch von US, UK oder Frenchrap ist, ist für die meisten kein Geheimnis mehr. Nun werden nicht mehr nur Gangkultur, Vibes, Drip und Flows kopiert, sondern auch noch Clout-Chasing.
Unter Clout-Chasing versteht man, dass ein Rapper ohne Fame versucht durch die Provokation von etablierteren Kollegen einen Hype für sich selbst zu generieren. Clout-Chasing kann dabei vom klassischen Rapbeef zu Marketingzwecken dadurch abgerenzt werden, dass hier nur eine Seite über Fame verfügt. Während es beim klassischen Rapbeef darum geht, zwei bereits hohe Reichweiten zu konzentrieren, um das perfekte Zeitfenster für einen Release zu generieren, dient Clout-Chasing nur dem Zweck, Reichweiten abzugreifen. Vom klassischen Beef profitieren beide Seiten, weswegen in den meisten Fällen auch von einer Absprache im Hintergrund ausgegangen werden kann und eine wirkliche Auseinandersetzung meist ausbleibt. Kurz: es ist eine Show mit klarem Ausgang und geringem Risiko. Clout-Chasing hingegen spielt gezielt mit dem Risiko einer Eskalation, da der Chaser davon ausgeht, der gechaste Künstler könne sich nicht dagegen wehren, was seine Reputation als realer Rapper letztlich beschädigt. Clout-Chasing findet daher ausschließlich in den Bereichen Gangsterrap, Trap und Drill statt, in denen eine Straßenreputation eine wichtige Rolle einnimmt, selbst wenn diese in Deutschland meist gespielt ist. Genau hier setzt Clout-Chasing an und stellt diese Reputation öffentlich und provokativ infrage, was auf eine Reaktion des gechasten Rappers abzielt und letztlich darauf von dessen Reichweite zu profitieren.
Wie angedeutet, birgt Clout-Chasing im Gegensatz zum Rapbeef zu Marketingzwecken oder sportlichen Battle-Kontext, die reale Gefahr einer Eskalation. Das ergibt sich daraus, dass Gangsterrap heute eng mit echten Gangstern kooperiert, die für einen guten Cut die Authentizität und Sicherheit des Rappers gewährleisten. Ein Angriff auf deren Gangsterrap-Schützlinge ruft daher nicht selten echte Gangster auf den Plan, die, wenn es um ihr Hak geht, ziemlich spaßbefreit sind. Während Beefs mit anderen, ähnlich strukturierten Camps meist verbal geklärt werden, kann die Situation, wenn jemand ohne Rücken versucht in diesen Kreislauf einzugreifen, schnell hässlich werden. Aktuelles Beispiel dafür ist die Provokation von Capkekz in Richtung Farid Bang, die kürzlich für Capo mit Schlägen endete, welcher daraufhin Farid als „pädofile Missgeburt“ bezeichnet und Konsequenzen ankündigt, die aber vermutlich seinerseits ausbleiben. Farid bzw. sein Camp wird das wohl kaum auf sich sitzen lassen.
Ein anderer erfolgloser Rapper, der sich aktuell an Clout-Chasing versucht, ist Bözemann, der in mehreren Statementvideos hart gegen Farid Bang, Bushido, Capital Bra und andere in der Hoffnung schießt, dass sich einer auf seine Provokationen einlässt. Den Gefallen hat ihm aber bis dato noch niemand getan. Bleibt zu hoffen, dass es so bleibt. Der beste Umgang mit Clout-Chasern ist wohl diese in die Bedeutungslosigkeit zu ignorieren. In jedem Fall sollte man diese nicht mit Aufmerksamkeit bzw. Reichweite belohnen.
Das Dilemma beim Clout-Chasing besteht darin, dass sich auf die Provokation einzulassen immer bedeutet, Reichweite abzutreten. Geht man nicht darauf ein, steht die eigene Straßenreputation auf dem Spiel, da Fans die Realness schnell hinterfragen, wenn man nicht entsprechend agiert. Wir hoffen in jedem Fall, dass Entwicklungen wie in England und USA ausbleiben, wo es mittlerweile normal ist, dass sich teils sehr junge Kids wegen Internetbeefs umbringen und damit prahlen.