Die neue Hip-Hop Dokumentationsreihe Dichtung und Wahrheit zeigt die Hintergründe sowie die Bedeutsamkeit des Deutschraps. In vier Folgen kommen erfolgreiche Künstler*innen der deutschen Hip-Hop Szene zu Wort und teilen ihre Sicht auf das facettenreiche Business – denn Hip-Hop ist definitiv mehr als nur Musik.
Deutscher Hip-Hop ist in Frankfurt verwurzelt. Mit den GIs kam in den 80er Jahren die amerikanische Kultur nach Deutschland und entfachte ein inspirierendes Movement. Filme wie „Beatstreet“ oder „Wild Style“ beeinflussten die neue Hip-Hop Generation und prägten Rapper wie D-Flame oder Moses Pelham. Auch die Frankfurter Clubkultur hatte maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung von Rap in Deutschland. Umgeben von Breakdance pumpten amerikanische DJs in Clubs wie dem Funkadelic lauten Hip-Hop durch die Speaker – eine spezielle Atmosphäre, die an die Bronx erinnerte. Egal ob Rap, Graffitis oder Breakdance – alles war ein Versuch aus der Anonymität herauszutreten und für das eigene Können Aufmerksamkeit zu bekommen.
Zu dieser Zeit fand Rap allerdings nur in der Muttersprache des Hip-Hops statt: Englisch. Doch Anfang der 90er veränderte sich einiges, denn die multikulturelle Szene sah sich rassistischen Angriffen ausgesetzt. Rapper zeigten Widerstand, solidarisierten sich und sprachen sich gegen Rassismus aus – auf der eigenen Sprache. Das Ziel war klar: sie wollten gehört werden. Rap über Hautfarbe, Diskriminierung oder marginale Lebenswirklichkeiten stellte eine Identifikationsmöglichkeit für viele dar. Songs wie „Fremd im eigenen Land“ von Advanced Chemistry brachten diese Gedanken auf den Punkt. Die Musik als Zufluchtsort, in dem Sorgen und Probleme offen kommuniziert werden können, ist in der Dokumentationsreihe ein wichtiges Thema. Zwischen sozialer Kälte, Armut und Kriminalität offenbaren sich auch die Schattenseiten dieser Welt. So zeigt beispielsweise der Rapper Azad in seinen Tracks die hässliche und perspektivlose Seite des Lebens. Doch auch wenn Frankfurt als das Herz des Deutschraps angesehen wird, ist das Genre nicht nur an Orten wie der Nordweststadt zugegen. Während der Musikproduzent Bazzazian den dortigen Sound als düster, hart und von Herzen beschreibt, zeigt Aggro Berlin in den 2000ern aggressiv aufgeladenen Rap. Etwas rassistisch, etwas frauenfeindlich – einfach „so wie man im Viertel zueinander ist und wie man miteinander spricht“, meint Sido. Hauptsache es ist provokativ und erregt Aufmerksamkeit.
Obwohl Rap im Laufe der Jahre in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen scheint, ist der Kampf um Akzeptanz trotz allem immer noch groß. Besonders Frauen müssen um ihren Platz in der Szene kämpfen. Trotzdem ergattern Rapper wie Haftbefehl den Status als moderne Dichter dieser Epoche. Sie verwandeln die Sprache der Straße in Musik, erzählen auf poetische Weise und mit viel Realness ihre Geschichte und etablieren Rap deutschlandweit.
Die vierteilige hr-Doku wird am 23. und 30. September sowie 7. und 14. Oktober um 22:30 im hr-fernsehen ausgestrahlt und ist ab sofort in der ARD-Mediathek zu finden.