Wieder einmal kommt Bewegung in den Prozess. Und wieder einmal zeigt sich, dass es nicht nur um Bushido selbst, sondern auch um seine Glaubwürdigkeit, nicht gut steht. Das zeigt ein Mitschnitt des legendären letzten Gespräches zwischen Bushido und den Abou-Chaker Brüdern mit dem sich das Gericht aktuell befasst und bei dem er – eigenen Behauptungen nach – beleidigt und tätlich angegriffen worden sei. Wir hatten bereits vor einiger Zeit die Möglichkeit diesen Mitschnitt in voller Länge auszuwerten und uns ein eigenes Bild der Ereignisse zu machen. Bereits damals zogen wir den Schluss, dass Bushido´s Angaben und der dokumentierte Gesprächsverlauf sich nicht decken. Vielmehr wirkt das Gespräch, dessen Verlauf und sein Kontext freundschaftlich. Von Drohungen gegen Bushido oder gar Gewalt keine Spur. Bushido selbst wirkt auch in keiner Weise bedroht. Das Gericht scheint das Band ähnlich zu bewerten.
Die Aufzeichnung aus 2018
Im Prozess gegen den früheren Geschäftspartner von Rapper Bushido rückt ein angebliches Tondokument der beiden in den Fokus. Nach einem Bericht des Magazins "Stern" existiert eine Aufnahme von einem Treffen des Musikers und seines langjährigen Managers Arafat Abou-Chaker vom 18. Januar 2018. An diesem Tag sollen der angeklagte Berliner Clanchef und seine Brüder ihn, eigenen Angaben nach, eingesperrt, beschimpft, bedroht und verletzt haben. Laut "Stern" zeichnet die illegal aufgenommene Tonaufnahme, die dem Blatt nach eigenen Angaben vorliegt, jedoch ein anderes Bild.
„Es sei davon auszugehen, dass dies beim nächsten Prozesstag am 9. Februar thematisiert werde“, sagte eine Gerichtssprecherin heute auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Arafat´s Verteidiger, Hansgeorg Birkhoff, kündigte bereits an: "Alle Fragen, die in diesem Zusammenhang zu stellen sind, werden vor Gericht zu erörtern sein." Die Staatsanwaltschaft wollte sich vorab nicht zu den Aufnahmen äußern. Auch Bushidos Anwalt Steffen Tzschoppe ließ den "Stern"-Bericht vorerst unkommentiert.
Heimliche Tonaufnahmen strafbar
Der Prozess mit Bushido als Nebenkläger und Zeuge beschäftigt seit Sommer 2020 das Berliner Landgericht, fünf weitere Prozessmonate sind derzeit vorgesehen. Der Clanchef ist wegen Freiheitsberaubung, versuchter schwerer räuberische Erpressung, Nötigung, gefährliche Körperverletzung und Beleidigung angeklagt. Seine Brüder sollen Mittäter gewesen sein. Die Anklage basiert im Wesentlichen auf den Aussagen des Rappers, mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Ferchichi, und seiner Ehefrau Anna-Maria Ferchichi.
Welche Auswirkungen der "Stern"-Bericht auf das Verfahren haben wird, bleibt abzuwarten. Nach der Strafprozessordnung können sich alle Prozessbeteiligten dazu äußern. Prinzipiell ist eine heimliche Aufnahme von Gesprächen – wie etwa ein mitgeschnittenes Telefonat – nicht erlaubt und strafbar. Im Strafverfahren unterliegen solche Aufzeichnungen allerdings nicht automatisch einem sogenannten Beweisverwertungsverbot. Das zuständige Gericht muss jeweils abwägen, wie es mit solchen Aufnahmen umgeht. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe etwa im Fall illegal aufgenommener Filmaufnahmen auf einem Ökogeflügelhof entschieden, dass diese zulässig sind, wenn sie Missstände von erheblichem öffentlichen Interesse offenlegen.
Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Inhalt des Mittschnitts den Richter zumindest nicht unberührt lässt. Und auch die Staatsanwaltschaft, die Bushido unter Zeugenschutz stellt, muss ihre Haltung je nach Ausgang des Prozesses neu bewerten. Schließlich basiert die Auffassung, Bushido´s Leben sei durch Abou-Chaker so konkret bedroht und seine Informationen so wertvoll, dass sie staatlichen Schutz für den ehemaligen Gangsterrapper rechtfertigt, in weiten Teilen auf dessen Angaben.