In den letzten Tagen und Wochen stand MC Bogy mit einigen Aussagen immer wieder in den Schlagzeilen. Allen voran seine Haltung zu DeutschrapMeToo und sein Beef mit LGoony sorgten für Zündstoff, wie wir bereits vor einigen Tagen berichteten. Dabei wurde in diversen Aussagen deutlich, dass Bogy geschäftliche Misserfolge mit seiner Haltung zu gewissen Themen begründete, was einfacher erscheint, als die Tatsache zu akzeptieren, dass die eigenen Entscheidungen vielleicht nicht immer die besten gewesen sind. Entsprechend habe er seinen Deal mit MTV verloren, weil er gegen den Einfluss des Feminismus im Deutschrap einsteht. Auch ein Feature-Track mit Prinz Pi sei aufgrund seiner aktuellen Skandale geplatzt. In einem neuen Post macht er nun Ben Salomo für seinen Rausschmiss bei „Yo! MTV Raps“ verantwortlich.
„Es ist ein Verbrechen von diesen Leuten, eine komplette Musik-Richtung zu verurteilen. Und man sieht auch wieder die üblichen Verräter, Hetzer, Politiker und Eierlosen !!! Ich habe auch schonmal für @mtvgermany ein Statement gemacht, wegen Antisemitismus Vorwürfen. Und dann trotzdem wegen Ben Salomo, der von einer reichen Lobby bezahlt wird, den Yo-MTV Deal verloren. Einer aus der Chefetage sagte mir ,,ich war zu oft an falschen Orten (Blash?? Moschee? Clubhäuser? Bordell? Ihr könnt mir einen…!!!!aber richtig..!!“ so Bogy in seinem Statement dazu.
Salomo schreibt:
MC Bogy, der Chefschwurbler vom Pseudo-HipHop-Podcast „100% Realtalk“ imaginiert in seiner antisemitischen Paranoia, dass ich von einer „reichen Lobby“ bezahlt werde. Entsprechend dem Mythos des „Juden als Drahtzieher“, glaubt er felsenfest, ich hätte was mit seiner Entlassung bei MTV Germany zu tun. Nein! Habe ich nicht! Aber ich war nicht unglücklich, als ich davon erfuhr. Das reicht Antisemiten natürlich vollkommen aus, um jüdischen Menschen eine Komplizenschaft abzudichten. Es kommt MC Bogy einfach nicht in den Sinn, dass vielleicht noch paar vernünftige Menschen bei MTV arbeiten und ihn wegen seiner antisemitischen Äußerungen in seinem Podcast gefeuert haben, welcher in seiner Frühphase sogar von keinem geringeren als Attila Hildmann gesponsert wurde. Wer je als Gast zu diesem Podcast gegangen ist und sich bislang nicht öffentlich von den Inhalten und den Moderatoren distanziert hat, darf zurecht als Antisemit oder Mitläufer gelabelt werden.“
Zum „100% Realtalk Podcast“ von MC Bogy und B-Lash stellt er die Aussage in den Raum, dass sich sämtliche G.ste des Podcasts – u.a. Sido, Finch Asozial, Kool Savas, Fler, Eko Fresh – von dem Format und den Moderatoren distanzieren müssten. Andernfalls könne man sie als Antisemiten oder Mitläufer von Antisemiten bezeichnen. Ok.. wait what??
Bogy‘s Äußerungen sind zweifelsohne daneben und soll auch nicht relativiert werden. Im Gegensatz zu Ben Salomo hinterfragen wir aber nicht nur die Aussage an sich, sondern auch, wer diese in welchem Kontext getätigt hat. Kurz gefragt: Ist man gut beraten, hohe intellektuelle und moralische Maßstäbe an einen Ex-Hooligan anzulegen, der sich selber „Atze“ nennt und bereits in jüngerer Vergangenheit durch verbale Fehltritte geglänzt hat? Angesichts Ben Salomo‘s Schlussfolgerung fällt auf, dass auch er hier mit den falschen Maßstäben zu operieren scheint, da er Bogy an Dingen misst, die offensichtlich außerhalb seiner Wahrnehmung stattfinden. Dass ihm bekannt war, dass Bogy scheinbar zugänglich für Verschwörungstheorien ist, drückt er mit der o.g Verbindung zwischen MC Bogy und Attila Hildmann ja aus. Auch dürfte er verstanden haben, dass Verschwörungstheorien generell einfach verständliche Erklärung für komplexe Sachverhalte liefern, indem sie Fakten mit Fiktion vermengen. Bei Menschen die gelernt haben, Informationen kritisch zu hinterfragen und über die Auswertung verschiedener verlässlicher Quellen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, verfangen Verschwörungstheorien i.d.R. nicht. Die Frage, die sich daraus mit Blick auf Bogy‘s Äußerungen und Salomo‘s Reaktion darauf ableitet, ist: wenn ihm nicht klar ist, was er falsch macht, weil er es nie gelernt hat, ist es dann richtig ihn an einem Maßstab zu messen, den er in seinem Handeln aufgrund eines mangelnden Bewusstseins dafür nicht berücksichtigen kann? Mit anderen Worten – macht es Sinn auf jemanden einzuschimpfen, weil er eine Straße bei rot überquert, wenn ihm niemand zuvor erklärt hat, dass man Straßen nur bei grüner Ampel überquert? Wäre es nicht sinnvoller, ihm zu helfen zu verstehen, was er falsch gemacht hat und wie er es künftig besser machen kann? Stattdessen genauso zu verallgemeinern, wie Bogy und damit ebenso Klischees zu bedienen, erscheint uns zumindest nicht wirklich als gute Lösung.
Anstatt sich in seinen Aussagen auf Bogy und seine Behauptungen zu beschränken, was völlig legitim gewesen wäre, überträgt Salomo den Vorwurf, einer antisemitischen Grundhaltung, direkt auf ein ganzes Musikgenre. Dabei sollte doch gerade er es als Teil eben dieses Genres besser wissen. Besonders wenn die eigene Kritik auf der Erkenntnis fusst, dass es sich bei verallgemeinernden Schuldzuweisungen immer um Trugschlüsse handelt. Daher hat die Reaktion von Salomo auf die Aktion von Bogy auch etwas von Wasser predigen und Wein trinken. Was bedeutet die Gleichsetzung von Rap und Antisemitismus vor allem für jüdisch-stämmige Rapper in Deutschland, wie Salomo selbst? Müsste er nicht in der Distanzierung, die er von einem Genre einfordert, dass, wie er behauptet, antisemitische Stereotypen befördert, vorangehen? Wir können uns nicht vorstellen, dass Ben Salomo in dem Moment als er seinen Post absetzte, wirklich ein Bewusstsein dafür gehabt hat, wen seine verbalen Schüssen wirklich alles erfassen. Emotional auf einen Angriff zu reagieren, der triggert, ist und bleibt menschlich und damit verständlich. Wenn man sich aber die moralische Warte als Fundament für die eigene Argumentation auswählt, sollte man zumindest auch schlau genug sein und sich nicht auf das selbe Niveau begeben, dass man kritisiert. Insofern blicken wir in diesem Streit auf zwei Seiten, denen man zurecht vorwerfen darf, nicht weit genug gedacht zu haben.