Bei der Ankündigung der New Yorker Behörden an die Gangs in New York, nun stärker gegen Drillrapper vorzugehen, scheint es sich nicht nur um eine pure Willensbekundung zu handeln. Die zuständige Staatsanwaltschaft verkündet nun die Festnahme von 20 Personen im Zuge dessen. Die Hinweise dazu entnahm die Polizei scheinbar Musikvideos.
Anlass war zum einen die dramatische Zunahme an Gewalt in den letzten Jahren, insbesondere in den Stadtteilen Brooklyn, Queens und der Bronx. Zum anderen, dass die Täter ihre Taten in ihrer Musik glorifizieren und damit auch andere Jugendliche zu Gewalttaten ermutigen. Der Antrag zweier Senatoren, Texte von Rappern künftig als Beweismittel auszuschließen, da diese von der Kunstfreiheit abgedeckt seien, konnte sich, trotz Fürsprache vieler bekannter Rapper, nicht durchsetzen. Die kürzlich von Drill-Rapper Fivio Foreign ins Leben gerufene Kampagne, sich gemeinsam mit staatlichen Stellen für Verständigung und gegen Gewalt einzusetzen, scheint damit ebenfalls obsolet.
20 Festnahmen und über 80 Anklagepunkte
Der Bezirksstaatsanwalt der Bronx, Darcel Clark, gab nun bekannt, dass mehr als 20 mutmaßliche Mitglieder der Bronx-Gang in Gewahrsam genommen und in einer Anklageschrift mit 82 Anklagepunkten genannt wurden, die 32 Gewaltverbrechen abdeckt, welche in einem Zeitraum von drei Jahren begangen wurden.
Laut den NY Daily News umreißt die Untersuchung mit dem treffenden Titel „Operation Drilly“ eine Reihe von Morden, darunter die Erschießung der 20-jährigen Bronx-Rapperin Delila Vasquez im Jahr 2021 sowie die Tötung des 24-jährigen James Rivera im Juli 2020, der von sechs Angreifern verfolgt und niederschossen wurde.
Zusätzlich zu den Festnahmen im Rahmen der Operation Drilly beschlagnahmten die Behörden 18 Schusswaffen und erstatteten Anklage wegen Mordes, versuchten Mordes, Totschlags, Körperverletzung und schweren Diebstahls.
Die Behörden behaupten, dass mehrere der in der Anklage genannten Personen Teil der G-Side/Drilly-Bande sind, die mit der Bloods Sex Money Murder-Gang verbunden seien und mit den Verbrechen, die sie angeblich begangen haben, in Rap-Songs und Musikvideos geprahlt hätten.
Der jugendliche Rapper Lee Drilly, der mit bürgerlichem Namen Ali Doby heißt, war auch unter den 20 Verhafteten. In seiner Single „BET“ von 2021 mit E-Wuu feierte er angeblich Verbrechen, die er tatsächlich begangen hatte. Das Video erreichte über 250.000 YouTube-Aufrufe.
Behörden unter Handlungsdruck
Clark nannte die mutmaßlichen Taten der Angeklagten „sinnlose“ Gewalttaten und behauptete, die die Bande hätte die Nachbarschaft „terrorisiert“, indem sie sich am helllichten Tag Schießereien auf Wohnstraßen lieferten. “Es waren Beefs, Kränkungen und Respektlosigkeiten, die zu diesen Vorfälle geführt haben” so Clark. Er fuhr fort, dass mehr getan werden müsse, um zu verhindern, dass Jugendliche überhaupt in ein kriminelles Leben übergingen.
„Wir tun alles, was wir können, um was hier in der Bronx stattfindet, zu bewältigen und zu bekämpfen“, sagte Clark. „Aber es muss mehr getan werden, um diese jungen Menschen vom Leben der Banden und sinnloser Gewalt abzubringen. Wir müssen mehr tun.“
Dies ist nicht das erste Mal, dass mehrere Verhaftungen im Zusammenhang mit Tipps aus Drill-Rap-Musikvideos vorgenommen wurden. Im Februar wurden 11 Männer, die mit der in Brooklyn ansässigen Woo Gang in Verbindung stehen, im Zusammenhang mit einem massiven Fall von Erschleichung staatlicher Leistungen in Gewahrsam genommen. Die Rapper hatten damit geprahlt, dass selbst der Staat nicht sicher vor ihnen sei.
Deutscher Drill ist reiner Fan-Kult
Dass Drill und Gewalt untrennbar miteinander verwoben sind, wird für Fans diesen Genres kein Geheimis sein. Schließlich beschreibt „Drill“ nichts anderes als die Jagd, Tötung und musikalischeVerunglimpfung feindlicher Gangmitglieder. Dass das Genre auch in Deutschland immer mehr Anklang findet und junge Deutsche ihren Vorbildern aus USA und UK nacheifern, ist für uns aber noch kein Grund zur Besorgnis. Ein Anstieg der Gewalt ist nicht zu beobachten, da dafür einfach die Grundlage fehlt – Gangs.Was Deutsche Jugendliche vor einem ähnlichen Werdegang wie junge Amerikaner oder Engländer bewahrt, ist letztlich unsere Sozialsystem. Niemand muss verhungern oder sich vor tödlicher Gewalt schützen. Ein Anlass, sich in einer Gang zusammenzuschließen, um zu erleben, besteht hier entsprechend nicht. Vielmehr wirkt es auf uns unfreiwillig komisch, wenn privilegierte Jugendliche sich einen Schal um den Kopf binden, um auf unterprivilegiert zu machen, weil sie amerikanische und englische Jugendliche so beeindrucken. Deutscher Drill ist daher eher Karaoke als für einen echten Gang- oder Gewaltbezug zu stehen. Sich für ein Video vor Gericht verantworten zu müssen, dürfte Deutschen „Drillern“ daher erspart bleiben.