Als die Hip-Hop-Schwergewichte J. Cole und Migos kürzlich aus ihrem Winterschlaf erwachten, mussten sie feststellen, dass sich in den Charts ein neuer Name breitgemacht hatte. Der Neue auf dem Spielplatz, ein schüchterner 22-Jähriger aus Chicago, heißt mit bürgerlichem Namen Taurus Tremani Bartlett. Doch er nennt sich Polo G., nach seinem Lieblings-Modelabel und einem Freund namens Gucci, der mit 16 starb.
„Ich rappe, seit ich 19 bin“, sagt er. „Und es hat mir immer Spaß gemacht. Aber eine echte Leidenschaft ist erst kürzlich daraus geworden.“
Er sitzt in der Lobby des Hotels „Dream Downtown“ in Manhattan und erzählt von seinem neuen Album „Hall of Fame“, das es an die Spitze der Billboard 200 schaffte und eines dieser seltenen wegweisenden dritten Alben zu sein scheint, die ein Ausnahmetalent ankündigen (siehe Kanye Wests „Graduation“ und J. Coles „2014 Forest Hills Drive“). Mit „Hall of Fame“ hat Polo den Wandel vom melodischen Straßenrapper zum Megastar vollzogen und bewiesen, dass er mit seinen
Vorbildern (Lil Wayne) kollaborieren, fette Popsongs liefern („For the Love of New York“) und einen Nummer-1-Hit („Rapstar“) raushauen kann, ohne dabei je seinen ganz eigenen Sound zu verlieren. Der Titel, sagt Polo, sei Programm. Er stelle klar, „welche Art Vermächtnis ich in fünf Jahren hinterlassen haben will“. Vorhang auf für Polo G – die Hall of Fame wartet.
Angesichts von Polo G´s Talent und seines jetzt schon beindruckenden Footprints, der eine große Bereicherung für die Rapkultur und Inspiration für viele junge Leute auf der ganzen Welt bedeutet, gießen wir einen großen Sip unseres Drinks in Gedenken an Rondonumbanine und YNW Melly aus. Damit sagen wir nicht, dass wir gut heißen, wofür diese jungen Talente einsitzen. Jedoch verstehen wir, dass im Gegensatz zu Deutschland und den meisten Rappern hier, bei genannten USRappern, die Inhalte ihrer Musik keine reine Fiktion sind, sondern die Realität, in der sie leben und
für die wir sie letztlich auch als „real“ feiern. Sowohl bei Rondo als auch Melly zeichnete sich Ähnliches ab, wie bei Polo G heute – sie waren Prinzen, die durch ihr Talent einen natürlichen Anspruch auf die Krone geltend gemacht haben und alleine durch die kurze Zeit, in der sie musikalisch aktiv waren, einen entscheidenden Beitrag dazu leisteten, die nächste Evolutionsstufe im Rap zu erreichen. Ebenso wie Polo G, hatte jeder, der sich professionell mit Rap beschäftigt, Melly und Rondo sehr früh auf dem Schirm und selbst etablierteste Weltstars suchten den Kontakt über Features, um mit ihren Produkten relevant zu bleiben. Melly und Rondo stehen dabei nur
exemplarisch für ein generelles Problem junger Schwarzer Trapper und Driller aus den USA und UK, die es zwar schaffen, über ihre Realness schnell Hype zu kreieren, aber oft leider nicht schnell genug aus dem Gewaltkreislauf auszubrechen, der diesen Hype letztlich begründet. Der Verlust dieser jungen Talente, bedeutet einen Verlust an wichtigem kulturellen Input, der kulturelle Weiterentwicklung erst ermöglicht, indem er Ideale schafft und Zielsetzungen laufend verändert. Der Verlust dieser kulturellen Treiber, beschreibt damit einen Verlust für jede/n, der gerne Rap hört oder sich als Teil der Rapkultur versteht. Insofern finden wir Appelle, wie „Put the Guns down“ sehr einseitig, da wir sie schließlich genau dafür hypen und damit dazu animieren, diesen Aspekt ihres Lebens in ihrer Musik den Vordergrund zu stellen.